Vespa 50 N (R) Baujahr 1970                                                                           

Klar, Vespa ist italienisch, aber auf deutsch heißt das Wespe, lustig, genau so brummen die Dinger durch die Straßen. Leider ist das unten nicht der Nachwuchs, aber so soll er in etwa einmal aussehen..... nur besser. Unser Julchen wollte unbedingt so ein altes Rundlampenmodell, ohne die moderneren großen Plastiknasen vorne unter der Lampe, schön klein und rundlich. Die Bauform heißt übrigens Smallframes. Nicht gerade die kostengünstigste Variante eines alten 50 cm3 Rollers. In babyblau wohl echt cool, eben Vintage.  Das Bild ist vermutlich in Italien gemacht, die Holzblenden rechts im Hintergrund, die "nostalgische" Wand und sehr typisch, Alutüre goldfarben eloxiert.

Dieser Roller wurde angeboten. Der Besichtigungstermin war sehr ernüchternd. Er hatte mehr, als nur ein Restaurationsstau. 1500,- Euro in dem Zustand (rollfähig) und mit weiteren 1000,- Euro an Ersatzteilen/ Lackierung wird der nicht fertig.......Die Frage ist ja immer, nur fahrbereit oder richtig gut? Vorteil eines solchen Fahrzeuges ist, komplett und man weiß hinterher (Dokumentation/ Fotos) wo es wieder hin gehört und nichts was man weg schmeißt, hat man auch noch vorher bezahlt. Natürlich war er vor Auktionsende verkauft.....

Das ist der Bausatz einer abgebrochenen Restauration. Zu was habe ich mich da überreden lassen? Er soll fast komplett sein, aber wer weiß das schon. In den Kaufvertrag hatte ich "komplett" hinein geschrieben, angeboten zwar als komplett, aber zur Unterschrift war keine Bereitschaft vorhanden. Man kann ja gehen.... Es erinnert mich an eBay Angebote, hat bis zum Ausbau 100% funktioniert, aber ohne Garantie und Gewährleistung.... Was bedeutet es eigentlich, wenn keine Bohrungen für das Nummernschild vorhanden sind? Und es fehlt auch noch das Typenschild (Bohrungen) in Höhe des Trittblechs. Ein Roller aus Italien. Im Jahr 1970 versicherungs- und führerscheinfrei ab 14 Jahren in Italien zu fahren, aber nur zulässig ohne Beifahrer, also Monositz. Die Farbe soll Boticelli blau von Citroen sein, das müssen wir noch prüfen......

Der Alurand muss immer zuerst montiert werden. Den kann man schlecht im Internet kaufen, recht groß, aber wichtiger ist ein Spezialwerkzeug zum bördeln. Also in einem kleinen Laden kaufen, 4 Euro mehr bezahlen und Bördelgerät (im Bild oben aufgelegt) dazu ausleihen. Zuerst Alukante ausrichten, mit Gurt fixieren, in mehreren Arbeitsgängen immer mehr umbördeln.

So sieht die Kante dann fertig aus. Da sie nur matt Alu war, habe ich sie vor dem Einbau poliert.

Nach vierzig Jahren müssen neue Lenkkopflager wohl sein. Billiger sind nur neue Kugelringe, aber Lagerringe verschleißen mehr als die Kugeln. Das Problem ist der Ausbau. Der obere Lagerring lässt sich mit einer Stange von unten heraus schlagen. Mit nur einer Stange läst sich der untere Lagerring nicht ausschlagen, da musste noch ein Teller angeschweißt werden, sonst rutscht die Stange immer ab.

    

Dann den unteren neuen Lagerring mit einer Gewindestange einpressen.

 

Den oberen Lagersitz mit einem Dorn und Aluadapter einschlagen.

Mit einer Aluhülse den unteren Lagersitz auf das Lenkrohr auftreiben. Kugellagerring einfetten und aufsetzen.

 

Den Kotflügel auf das Lenkrohr montieren und das Lenkrohr einsetzen. Mit der Lenkrohrmutter muss dass Lagerspiel eingestellt und die Mutter gekontert werden. Die ersten 4 Stunden sind rum.....

 

Beide Felgen sind jetzt montiert mit neuen Schläuchen und neuen Reifen. Der Lenkerkopf ist montiert, Kupplungshebel, Bremshebel, Gasgriff und Schaltgriff. Was eine Konstruktion? Ohne Explosionszeichnungen ist so eine Montage beim ersten Mal kaum möglich. Danach wurde der Motor provisorisch eingehangen. Mit der Elektrik muss ich mich noch intensiver beschäftigen. Ich kann es kaum glauben, denn alle Verbraucher (Fahrlicht, Hupe, Bremslicht) sind so angeschaltet, das sie immer funktionieren. Soll ein Verbraucher (z.B. Fahrlicht) abgeschaltet werden, wird mit dem Lichtschalter der Stromkreis kurzgeschlossen und der Strom fließt vorbei. Das ist alles natürlich sehr primitiv und trotzdem clever. Da die Lichtspule immer volle Last trägt, fehlen Spannungsspitzen, die die Lampen beschädigen und ein Spannungsregler war daher nicht notwendig (kostengünstig). Wie hält die Lichtspule das aus? Blinker hatte die Serie 1 natürlich nicht, noch nicht mal ein Bremslicht. Jetzt weiß ich, welche Kleinteile mir noch weiter fehlen. Jetzt sind 10 Stunden rum.....

Da ich auf bestellte Teile warte, geht es jetzt an weiteren Überarbeitungen. Von der Fußbremse war der Lagerbolzensitz unlösbar fest. Da es Aluguss ist, ist die mechanische Einwirkungsmöglichkeit stark begrenzt. Ich habe mich für ausbohren entschieden. Original ist die Lagerwelle 10mm. Außen in der Halterung sind die 10 mm noch vorhanden, da es ja bombenfest war. Der bewegliche Fußhebel hatte ein ovales Führungsloch von 10 auf 12 mm (Verschleiß). Beim Betätigen war ein ekliges Alu  Quietschgeräusch vorhanden, Alu trocken auf rostigem Eisen. Also wurde Halterung und Hebel auf 11,5 mm aufgebohrt und auf 12 mm aufgerieben. Unglaublich durchdacht der Bremshebel. Er ist so geformt, dass er sich in eine Drehbank einspannen lässt. Das kann kein Zufall sein. Gut das es noch keine CNC Drehmaschinen gab, die darauf gefertigten modernen Teile lassen sich konventionell oft nicht einspannen. Ein Edelstahlröhrchen als Lagerachse und zusätzlich ein Schmiernippel am Betätigungshebel, sicher für die nächsten 43 Jahre gut. Die 10 cm Fußhebel, die aus dem Bodenbleich heraus sichtbar sind, wurden auf Hochglanz poliert.

Natürlich ist das völlig overdressed, ist aber ja auch nicht für andere.....

  

Wenn man das Vorderrad von Hand drehte, waren Schleifgeräusche (Kontakt schleifen) vorhanden. Wenn man mit der Hand den Bremshebel betätigte, ein ungleichmäßiger Grip. Natürlich liegt das auch an den neuen Bremsbelägen, aber auch an den Rostnarben auf der Lauffläche in der Trommel und außen am Trommelrand. Die Trommel dreht nun völlig frei und geräuschlos. Jetzt sind 13 Stunden rum ......und 450,- Euro für Ersatzteile verbrannt.....

  

Viele Teile habe ich mehrfach angebaut und wieder abgebaut. Vieles ist nicht selbsterklärend, Teile Fehlen und müssen beschafft werden. Das die Sitzbänke Serie 1 nicht abschließbar waren stört mich auch. 10 Jahre später hatten die Sitzbänke Schlösser und immer noch den Aufnahmekonus hinten. Im Internet habe ich keine Lösung gefunden. In Vespa Foren macht man sich lustig über die Frage "50 N mit Sitzbankschloss?". Beim Händler habe ich mir ein Schloss gekauft, auf die Frage zum Einbau in eine 50 N war er sehr skeptisch. Geht nicht hat er nicht gesagt, der Umsatz war wohl wichtiger. Hier sieht man das Schloss lose neben dem Aufnahmekonus hinten.

Zum Maß nehmen ist das Schloss schon provisorisch eingebaut.

Der Sitzbankabschluss musste komplett umgeändert werden. Die Sitzbank lief schräg nach hinten hoch. Durch den vorhandenen Winkel des Schlosses, läuft jetzt das Sitzbankende schräg nach vorne hoch. Einige Stunden gingen mit Züge und Kabelbaum einziehen dahin. Zwei Schaltzüge, Kupplungszug, Gaszug, Vorderradbremszug, Tachowelle, Kabelbaum und alles sehr eng. Jetzt sind 24 Stunden rum ......und 480,- Euro für Ersatzteile verbrannt.....

Ich hatte ja von der Herausforderung "Züge in Rundkopfmodell einbauen" gehört/ gelesen, die Hände sind immer im Weg. So ätzend hatte ich es mir nicht vorgestellt. Bei neueren Vespas kann man am Rundkopf die oben Hälfte abnehmen, bei den alten Rundkopfmodellen ist es ein Teil.  Da die Reparaturzüge in Rohlänge sind, müssen die Züge zuerst eingebaut werden, unter Nutzungsdruck gebracht, Maß nehmen, Innenzug wieder raus ziehen, einkürzen und Innenzug wieder einbauen. Und das mehrfach. Irgend ein Nippel hat man immer vergessen und als alles fertig war, lag da noch die Gummi Einführungstülle für alle Züge an der Bodenausführung lose rum, na ja, jedes Mal geht es leichter......

Links der Vorderradbremszug mitten durchs Gasrohr, der Kabelbaum zum Kombischalter unten links hinterm Gaszug, der Gaszug vorne ist noch nicht fertig (Vergaser muss erst rein, sonst stimmt die Länge nicht).

Rechts beide Schaltzüge für die Schaltwippe, der Kupplungszug rechts mitten durchs Rohr und ganz in der Mitte die Tachowelle

Die Gegenhaltebrücke für Gas und Schaltzüge, kann erst in einer sehr späten Phase eingebaut werden, weil zu wenig Platz vorhanden ist.

Jetzt sind 29 Stunden rum ......und 500,- Euro für Ersatzteile verbrannt.....

Die erste Probefahrt hat stattgefunden, die Wespe läuft und sprang nach dem zweiten Tritt an. Die Elektrik fehlt noch komplett (Verdrahtung, Kabel liegen natürlich) und für die Sitzbank muss ein neuer Bezug genäht werden und dann noch die Polsterung. Jetzt ist erst einmal Urlaubspause. Es sind 37 Stunden rum ......und 545,- Euro für Ersatzteile verbrannt.....

Endlich fertig.......... insgesamt 45 Stunden Arbeitszeit ......und 740,- Euro für Ersatzteile..... Womit mal wieder bewiesen wurde, dass derjenige, der gut restauriert, damit kein Geld verdienen kann, sondern gegenüber fertigen/ guten Restaurationen Geld verbrennt. Der Vorteil hier ist, wenig "Silberbronze" die nur sehr kurz hält, man weiß was man wieder verwendet hat, in welchem Zustand und verkaufen ist sowieso kein Thema... Nachwuchs verkauft man ja nicht. 

Nur noch Detailbilder...

 

 

 

 

 

Sie läuft schön..........bei schönem Wetter morgens Brötchen holen ohne Helm und Schutzkleidung, hier in der Pampa ohne Polizei problemlos möglich.

16.10.2013 aktualisiert

Die Saison ist vorbei. Es hat viel Spaß gemacht. Viele anerkennende Gespräche an der Bäckerei. Die Vespa ist ein Sympathieträger, es erinnert mich an meine Käfer Cabrio Zeit. Meine Pagode wirkt da eher auf Betrachter abstoßend...

Die Vespa ist stark inkontinent. Am Motor hatte ich ja gar nichts gemacht, er war ja bereits "überholt". Den Motor ausbauen an der Vespa ist ja keine große Sache. Gegoogelt hatte ich eine mutmaßliche undichte Schaltwelle. War es aber nicht. Das Gehäuse sifft unter dem Zylinder und am Kickstarter. Fast selbsterklärend ist die Spaltung des Motors, aber auseinander ging er nicht. Die Kupplung musste vorher raus, so stand es dann im Internet. Die Kickstarterwelle hat viel zu viel Spiel...

Mit der Schieblehre gemessen ca. 1,5 mm Seitenspiel. Das Alugehäuse ist ausgeschlagen. Eine Messingführung ist nicht vorhanden. Nach 45 Jahren ist dann wohl Schluss. Im Internet steht was über das Problem, aber keine Lösung. Auf dem Bild ist auch schon ein Stück Rohmaterial "Lagerbronze", kein Messing zu erkennen.

Die Kickstarterwelle ist 16 mm. Also vorsichtig in Stufen auf 19 mm aufgerieben.

Immer wieder nachmesen....Blöd, die Lagerbuchse muss zweiteilig sein, denn ein O Ring innerhalb der Hülse dichtet die Kickstarterwelle zum Gehäuse ab.

Dann die Lagerbuchse drehen. Außen 19,3 mm und in Stufen auf 15 mm aufbohren...

Auf 16 mm ausdrehen. Bohren wäre zu ungenau.

Die Führungen sind fertig. Außen ist ein Rand möglich, es ist Platz zum Kickstarter und wenn der im Betrieb anliegt, stabilisiert sich die Führung zusätzlich.

 

Mit einem Schraubbolzen einziehen und zwischendurch prüfen, ob die Hülse sich richtig setzt.

Danach in vielen Stufen auf 16mm aufreiben. Ich messe das nicht, sondern prüfe immer wieder mit der Kickstarterwelle. Messfehler sind ein zu hohes Risiko.

 

Links schön zu erkennen, durch die zweiteilige Hülse, die Nut für den O Ring. Rechts wieder eine völlig spielfreie Kickstarterwelle...

19.10.2013 aktualisiert Am Getriebegehäuse war ein "Gewindeohr" für die Gebläseabdeckung abgebrochen. Bis vor ein paar Jahren war es ja nicht möglich, Aluguss zu löten. Auf Oldtimermessen wird ja immer das "Alu Wunderlot" angeboten. Bei den Marktschreiern geht alles ganz einfach mit einer Gasflamme. Jetzt probiere ich mein Wunderlot, 10 cm für 25,- Euro aus.

 

Erst einmal den Rest abgeflext, ein Stück Alu zurecht geschnitten..... Mit einer Propangasflamme ging es nicht, das Gehäuse ist zu groß. Kleinteile bei der Vorführung werden wohl ausreichend heiß. Das Getriebegehäuse ließ sich nur auf 200 Grad erwärmen. Laut Anleitung muss das Alugehäuse auf ca. 400 Grad erwärmt werden, das Lot schmilzt bei ca. 250 Grad und das Alugehäuse schmilzt bei ca. 600 Grad. Ich habe dann den Schweißbrenner genommen, natürlich vorsichtig, Alu schmilzt ja schnell. Es hat unglaublich gut funktioniert und ist extrem stabil.

 

Anzeichnen, Gewindeloch bohren, zurecht schleifen, sieht gut aus und hält optimal.

Ich habe alles zusammengebaut und bin ca. 20 Kilometer zum Winterlager (angemietete Garage) gefahren. Auf den ersten Blick, wieder alles dicht.


  
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