Motor und Komponenten überholen Mercedes Pagode W113                                                                                        

Der Motor muss gemacht werden, aber wo und zu welchem Preis? Man kann den ganzen Motor machen lassen, oder nur den sog. Short Block. Das ist der Zylinder mit Kolben und Kurbelwelle incl. neuen Kolben mit Übermaß. Ich habe Angebote eingeholt. Da ist der Betrieb, der immer über ebay seine Leistung anbietet. Die Qualität und Verbindlichkeit soll dort sehr gut sein...... Wie haltbar der gemachte Motor ist, stellt sich so wieso häufig erst nach Jahren heraus. Oldtimermotoren geht es wie Bootsmotoren, sie gehen vom stehen und nicht vom fahren kaputt. Einen guten Vorsatz für den gemachten Motor habe ichl pro Monat 50 Kilometer im Winter fahren. Meine Angebotsanforderung per eMail war:

Ich möchte meinen Mercedes Motor 250 SL Motor M129 (Schaltwagen) überholen lassen. Der Austauschmotor befindet sich noch im ersten Standardmaß. Folgende Arbeiten sollen ausgeführt werden:

 

- Motorblock gebohrt, gehont und plangefräst
- Kurbelwelle geschliffen, poliert und ausgewuchtet (für Schaltversion)
- Kolben und Kolbenringe neu
- Haupt- und Pleuellager neu
- Pleuelschrauben, -muttern und -büchsen neu
- Steuerkette neu und Ölpumpe überprüft

- Ölwanne aufgesetzt

 

Im Angebot waren keine Einzelpreise, nur der Gesamtpreis. Auf meine konkrete Anfrage wurde gar nicht eingegangen, nur ein Komplettangebot mit Kopf usw. unterbreitet. Gegen einen kleinen Aufpreis von 1000,- Euro plus Steuer würde man den Motor auch optisch in Zustand 1 versetzen. Im Festpreisangebot stand, ggf. neue Ventile wenn notwendig.... 12 Ventile scheinen für den Motor dann ja kostenlos zu sein.... seriös ist anders. Der Preis, man liest ja häufig von der großen runden Summe im Forum, der Anbieter kommt schon deutlich in die Nähe, natürlich ohne Aus- und Einbau/ Motorabstimmung und einstellen. Dann ist der mit Kaffee/ Plätzchen und weißen Kittel incl. Aus- und Einbau, mit deutlich über der großen runden Summe, noch fast preiswert. 

Ich habe mich für einen Betrieb in Mönchengladbach entschieden. Ein Bekannter, der früher während seiner aktiven Zeit viele Mercedes Motoren überholen ließ, hat mir den Betrieb empfohlen. Eine Werkstatt im Industriebgebiet ohne Marmor- Glas- und Edelstahloptik, keine weißen Kittel und Maschinen mit Handbetrieb ohne CNC Steuerung. Die Firma baut die Motoren nicht aus und ein, nur die Motorüberholungen werden ausgeführt. Der Preis dort ist deutlich unter den üblichen Verdächtigen aus der Szene...... Die Arbeiten sollen ca. 2 Wochen dauern.

Nur der Beetle meiner Tochter war für den Transport geeignet. Die ca. 200 Kg müssen ja mit dem Motorkran in den Kofferraum gelegt werden. Meine anderen Fahrzeuge waren ungeeignet dafür. Man kann gut die neue Ölwanne erkennen mit dem Öltemperaturfühler. Die Öltemperatur ist wichtig, um zu erkennen wann der Motor auf Temperatur ist. Die Wassertemperatur ist nur bedingt geeignet, da sie viel früher auf 80 Grad ist, als das Öl.

Alle Aluanbauteile, hier die Motoraufhängungen, werden glasperlgestrahlt. Technisch bringt es keine Vorteile, nur Optik, wie die ganze Pagode.....

Alle externen Komponenten werden zerlegt, überprüft, gereinigt und glasperlegestrahlt. Der Dämpferbehälter hatte eine undichte Membrane (23,- Euro). Hinter der Membrane (Federseite) war Benzin. Das darf nicht sein, denn Benzin lässt sich nicht komprimieren und der Dämpfereffekt findet nicht statt.

Solche Beschriftungen (Bosch) müssen vor der Glasperlbehandlung abgeklebt werden, damit der Rest der Beschriftung nach 45 Jahren noch erhalten bleibt.

Alle Blechteile werden neu gelbverzinkt. Dazu müssen sie vorher gut vorbehandelt (elektrische Drahtbürste) werden. Die Oberfläche hinterher ist nicht besser als vorher. Überwurfverschraubungen sind ein Problem beim Gelbverzinken. Langteile werden elektrisch in galvanischen Bädern gehangen. Die Verschraubung hat nicht immer guten elektrischen Kontakt zum Rohr und ist nachher nicht schön verzinkt. Um das zu verhindern, werden die Überwurfmuttern hart angelötet. Nur ganz wenig, damit hinterher bei der Montage die Verbindungsstelle leicht bricht. Mit Gewindestopfen fest verschraubt wäre besser, aber wer hat die schon? Kleinteile kommen in eine Trommel, da besteht das Berührungsproblem nicht.

Kürzlich bei Lars kam ganz nebenbei das Thema Motorlager und wie wichtig die Dinger für ein vibrationsfreien Lauf sind. Häufig alt, zusammengepresst und der Gummi hart. Ich dachte defekt ist ganz leicht zu erkennen, ist aber nicht so. Alt und neu muss man nicht erklären. Sieht aus wie unnötig das Geld heraus geschmissen.....

Ist aber nicht so. Hier sieht man schön die Alterung. Der Höhenunterschied ca. 1 cm im unbelasteten Zustand.

Von unten optisch noch extremer.......

Nachdem der Motor wieder eingebaut war, ging der Ventildeckel nicht mehr ab, am Haubenverschluss war es zu eng....

Die neuen Motorlager vorne haben den Motor angehoben und offensichtlich kippt er jetzt nach hinten. Die Haube würde wohl am Ventildeckel anschlagen....., also kann ja nur das hintere Motorlager am Getriebe ebenfalls "am Ende" sein.

Der Höhenunterschied ist nur ca. 7 mm, aber das alte Motorlager lässt sich mit dem Daumen ein Stück eindrücken. Bei dem Gewichten wohl nicht zulässig. Das neue Motorlager bewegt sich unter Daumendruck keinen Millimeter.

Vermutlich zu erkennen, der Ventildeckel geht wieder am Haubenverschluss vorbei und die Haube hat keine Beule nach der Montage bekommen.

Die Plusleitung zum Anlasser und die Minusleitung zum Chassis sind an den Anschlüssen oxidiert, alt/ spröde und unter der Kunststoffaußenhaut noch stoffisoliert. Klar, kann man lassen, aber neue hochflexible Kabel 25 mm2 wären auch nicht schlecht. Um die Batterie herum sehen einige Pagoden ja nicht so gut aus, weiße Batterien und gebastelte Anschlüsse............... 

Hülsen aus Edelstahl, wofür steht die Drehbank schließlich herum, füllen die übergroßen Bohrungen in den Polklemmen für das Kabel.

Ist nicht so schlecht wie Original, aber trotzdem ganz nett....

Die Motorüberholung verzögert sich, Mercedes kann ein Hauptlager nicht liefern.....also weiter mit Details.

Moderne Hochleistungszündspulen sind dünner, ein Adapterring zwischen Originalhalterung und Zündspule hilft, ist auf der Drehbank schnell aus Alu gefertigt. Ohne Adapterring verbiegt sich die Halterung, die Befestigungsbohrungen passen nicht mehr optimal, sieht bescheiden aus. Die Stromanschlüsse an der modernen Zündspule sind auch unvorteilhaft, so dass die neuen Gummikappen nicht schön auf den Anschlusskabeln sitzen. Zwei Messingadapter mit Absatz und Innengewinde gedreht, damit die Gummikappen schön gehalten werden, sieht perfekt aus... Auch an bunten Quetschhülsen ohne Gummikappen an der Zündspule, erkennt man die Fahrzeuge.

Die Teile sind vom Gelbverzinken zurück. Damit man eine Preisvorstellung hat, zusammen 110,- Euro.

Die Auspuffkrümmer sind von Flammspritzen (Alu) zurück (100,- Euro). Ich hatte eine silberne Alufarbe erwartet, ist wohl nicht so.

Aus dem Internet: Die Aluminiumschicht verbindet sich mit dem Auspuff bei Hitze. Dieser Vorgang nennt sich Alitieren. Die Beschichtung ist weiß und leicht rau wie feines Schmirgelleinen, wird daher in den meisten Fällen vom Kunden mit Ofen- oder Auspufffarbe gestrichen. Er muss aber auf jeden Fall noch lackiert werden, da die aufgespritzte Schicht mikroporös ist, würde sie Wasser einlagern wie ein Schwamm. Aus Kundenfeedbacks, aber auch aus den Foren erfuhren wir, Lack ist nicht gleich Lack. Die meisten handelsüblichen hitzefesten Lacke reichen nur bis 600°C und brennen daher recht schnell wieder vom Auspuff ab. In den USA gibt es einen Auspufflack der bis ca. 1100°C reicht.....

Auszug aus der Anwendung VHT Auspufflack Keramikbeschichtung: Bereiten Sie die Oberfläche des zu bearbeitenden Materials entsprechend vor, indem Sie Farbreste, Rost/Flugrost, Fett etc. restlos entfernen. Nach ca. 1 Stunde ist die aufgetragene Schicht (Lack) Berührungsfest. In diesem Zustand ist die Schicht noch nicht eingebrannt, bzw. beständig. Der eigentliche Einbrennvorgang im Backofen: Legen Sie die Teile in den vorgeheizten Backofen (bei ca. 204°C ca. 30 Minuten). Danach lassen Sie die Teile 30 Minuten lang auskühlen. Die Beschichtung ist nun vollständig eingebrannt!

Jetzt sind die Krümmer  mit Speziallack gespritzt im im Ofen eingebrannt. Hätte ich mir wohl die 100 Euro für's Flammenspritzen sparen können und gleich mit Speziallack behandelt.....

Der Kopf und Motor ist vom Instandsetzer zurück. Macht alles einen sehr guten Eindruck. Nicht mit Silberbronze angepinselt, sondern glasperlgestrahlt. Alle ausgewechselten Komponenten waren in Kantons dabei. Mir wurde genau erklärt, was wo und warum gemacht wurde. Angekündigt waren 2 Wochen, es wurden 6 Wochen. Irgend welche Komponenten sind immer nicht lieferbar.........

Einige Komponenten sind bereits wieder montiert. Die Einspritzleitungen waren ein Problem. Auf Ausstellungen habe ich mir immer ganz neidisch die überteuerten Fahrzeuge im Motorraum angesehen. Einspritzleitungen die sich in einem gleichmäßigen Paket um den Zylinder winden. Pumpenausgang und Zylinder zu vertauschen, ist durch die jeweiligen Längen kaum möglich, aber die Lage............Bei mir war das optisch nie so schön. Nach etlichen Versuchen eigentlich ganz einfach. 

1. Leitung an der Pumpe vordere Lage unten um den Block herum zum Zylinder 6
2. Leitung an der Pumpe vordere Lage mittig um den Block herum zum Zylinder 5
3. Leitung an der Pumpe vordere Lage oben um den Block herum zum Zylinder 4
4. Leitung an der Pumpe hintere Lage unten um den Block herum zum Zylinder 3
5. Leitung an der Pumpe hintere Lage mittig um den Block herum zum Zylinder 2
6. Leitung an der Pumpe hintere Lage oben um den Block herum zum Zylinder 1

Nachdem die Kipphebel montiert und die Ventile eingestellt waren, habe ich einen guten Rat befolgt und mit dem provisorisch installierten Anlasser, frisch eingefülltes Öl, in das Verteilrohr oberhalb der Nockenwelle pumpen lassen. Ich war überrascht wie lange das dauert. Nicht die Öldrucköffnung oben am Ölfilter vergessen....

Da hängt er schon wieder am Haken.......

Die Kupplung kann nicht im  Motorständer montiert werden, da kein Platz dafür ist. Mit einem angefertigten Kupplungsdorn lässt sich die Mitnehmerscheibe sauber zentrieren, vor der Druckplattenmontage. Ohne zentrierte Mitnehmerscheibe ist der Motoreinbau eine Quälerei.

Da soll doch keiner sagen, bei eBay gibt es keine Schnäppchen mehr. Ein gebrauchtes Ausrücklager ("gebraucht" ist schmutziger Karton und schon einmal ausgepackt) für 36,- Euro (Neupreis MB 260,- Euro). Vielleicht erkennt man wie das alte Lager links an der Kontaktfläche schon eingelaufen ist. Wenn man es von Hand dreht, ein ganz leicht malendes Geräusch, musste nicht getauscht werden, aber wenn der Motor schon mal raus ist und man ein neues Ausrücklager nachgeschmissen bekommt.......

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