Besuch bei einem niederländischen Importeur, Mercedes Pagode   W113                                                                   

Mit einem Bekannten hatte ich mich vor Monaten verabredet, im November zu dem "Pagoden Händler" nach Holland zu fahren. 

Eigenartig fand ich es schon, man muss sich vorher mit Uhrzeit dort anmelden. Das war kein Problem, mein Bekannter hatte seine Pagode ja dort gekauft. Der Verkaufraum war abgeschlossen, aber was man bereits durch die Schaufenster sah war überwältigend. Wir wurden schnell eingelassen und hinter uns wieder abgeschlossen. Das wir uns verspätet hatten, wurde uns auch bestätigt. Ich konnte sofort alles vergessen, was ich bisher bei Händlern erlebt hatte. Egal ob es um Neuwagen, Gebrauchtwagen oder Oldtimer ging, Verkäufer haben in der Regel viel Zeit, sind Meister im Zuhören und von smartem/ freundlichem Umgang. Hier ist alles anders. Ich habe mich sehr unwohl gefühlt. "Reifentreter" sind bestimmt schneller wieder draußen als drin. 

Fotografieren durften wir, Objekte gab es genug. Preise standen an fast keinem Fahrzeug, sollte man sich vorher aus dem Internet ausdrucken. Über eine Stunde haben wir uns umgeschaut, der Chef war mit der Abholung/ Übergabe einer Pagode beschäftigt. Ein Restaurator aus Süddeutschland hat eine "Grotte" abgeholt. Ich würde die Pagode nicht kaufen und nicht nur weil sie dann für 70 große Scheine angeboten wird.

Wer hier keine Pagode findet, ist selber Schuld. Ich habe nicht genau gezählt, aber in dem Raum waren ca. 25 Pagoden, meist ohne Preisschild. Wie wir im Nachhinein erfuhren so von 25.000 bis 45.000 €. Es stehen wohl noch in anderen Hallen Pagoden........ 

Wer ein Stahldach sucht, es scheint in jedem Originalfarbton vorhanden........, ob aber zu verkaufen?

 

Im oberen Bild rechts und im unteren Bild links, die graue Pagode ist laut Aussage im Originalzustand und 80.000 wären dafür zu wenig. Die Pagode ist nach über 40 Jahren aus erster Hand, es ist der erster Lack, der Wagen hat nicht draußen gestanden, im Kofferraum liegt ein teilweise verpackter Skiträger, auf dem Beifahrersitz hat noch nie jemand gesessen .......... Ich bin kein Fachmann und hatte kein Lackschichtmessgerät dabei (würde ich auch von abraten), aus meiner laienhaften Sicht ist sie neu lackiert. Über 40 Jahre und noch nicht einmal Steinschlag, toll, ich bin begeistert J.

In den Vitrinen liegen neuwertig aussehenden Kilometertachos und optisch neuwertige Chromteile.

 

300 SL stehen einfach so rum, die Fotos geben den Zustand nicht richtig wieder (rot 3- und weiß 4+). Da fiel mir sofort die Tugend ein "Eigentum verpflichtet", in USA bei den Vorbesitzern wohl eher unbekannt. Wenn der wüsste, das ich im Flügeltürer saß.......

Auch herrschaftliche Fahrzeuge werden angeboten.....

 Der 190 SL sieht aus, wie vom Wüstensand gesandstrahlt, angeblich von einem Piloten (in Vietnam vermisst) und die Eltern hatten jahrelang gehofft........

 ....unglaublich viel Auswahl.....

 Es ist auch nicht zu hell im Verkaufraum, die Fahrzeuge sehen überwiegend super aus.........

Die Fahrt in die holländische Pampa ist erschwerlich, bei den Geschwindigkeitsregelungen und dem Umgang mit zu schnellen Deutschen. Gelohnt hat es sich auf jeden Fall, es war ein Erlebnis .....

Wer eine Pagode oder einen anderen Mercedes Baujahr vor 1970 sucht, für mich wäre hier die 1. Adresse !!!!

Die Preise für Pagoden, wie auch für andere vergleichbare Fahrzeuge, sind ja stark angezogen. Durch fehlende Alternativen zur Geldanlage, legt man sich einen gefragten Oldtimer zu "Garagengold" und hofft auf Wertsteigerung/ Werterhalt. Bedingt ist das möglich, aber durch Unterhalt (Garagenmiete, Versicherungen, Reparaturen, etc.) wird die Wertsteigerung in der Regel mehr als verbraucht. Das Fahrzeug nicht zu fahren bedeutet zwar weniger Betriebskosten, aber in der Regel Wertverlust durch Standschäden und das Wichtigste entfällt, die Nutzung des Oldtimers. In der Vergangenheit ist die Oldtimerblase geplatzt, das wird wieder so sein, nur keiner weiß wann und bei welchen Preisen.

Natürlich ist der Einstiegspreis und der Zustand entscheidend. Da kommt man ins Grübeln, was ist der beste Weg? Hochwertige Autos werden teilweise unter Wert verkauft und "Schrott" hat die höchste Preissteigerung, da " Träumer" glauben, das irgendwie günstig hin zu kriegen.

Kauf bei Importeuren:
Da gibt es nicht nur den einen "Holländer". Mittlere Preislage so um die 45.0000 €. Man kauft wie gesehen, Rückrüstung auf Europa kostet ca. 5000 €, denn USA Scheinwerfer, Seitenblinker, Stoßstangenhörner und  Flattertürverkleidungen, sind in den meisten Augen nicht schön und wertmindernd. Das Risiko ist überschaubar, da das Fahrzeug vor dem Kauf geprüft werden kann. Häufig ist ein Reparaturstau vorhanden und 10.000 € in der Hinterhand sind schon von Vorteil. Wer ein Bisschen den "Kick" braucht, kauft das Fahrzeug sofort nach der Veröffentlichung auf der Homepage, bevor es in Europa ist. Vorteil, es haben nicht schon viele die Pagode angesehen und sie war denen nicht gut (Preis/ Zustand) genug. Natürlich nur anhand von Bildern und dann nach Anzahlung von ca. 20.000 € auch noch ca. 6 Wochen warten auf die Katze im Sack.......... Der Importeur weiß zu dem Zeitpunkt auch nicht mehr, in Europa können die nicht vorab verkauften Fahrzeuge billiger oder teuerer werden. Vorabverkauf ist zur Zeit (Angebot/ Nachfrage) wohl eher üblich. Beim Vorabkauf ist handeln unmöglich, aber beim Kauf vor Ort geht handeln auch nicht. Beim Kauf gibt es für 600 € zusätzlich die China Nachbauscheinwerfer. Wie bildet sich eigentlich der Preis? 

Ich konnte eine interessante Geschichte verfolgen, da der eMail Kontakt zum Vorbesitzer in USA gelungen war. Die Pagode wurde vom Vorbesitzer in den USA für 13.000 € verkauft und in Holland für 38.000 € an einen deutschen Käufer übergeben. Die Pagode lief, aber nicht richtig (Standschäden, ESP, etc.). Die Reparaturen in einer Werkstatt (lauffähig, Vollabnahme TÜV, etc.) hätten ca. 5.000 € gekostet (Glück gehabt). Waren die 25.000 € Gewinn des Holländers? Natürlich nicht, erst einmal Umsatz. So ein Fahrzeug wird in den USA irgendwo in der Wüste oder Pampa von einem Scout aufgetan und möglichst billig erworben. Mit Pagoden aus dem Internet funktioniert das natürlich nicht. Der USA Verkäufer bekommt eine Geschichte vom Scout und wundert sich dann irgendwann über eMails aus Deutschland. Der Scout vermittelt die Pagode weiter an einen Importeur, vermutlich mit 10.000 € Aufschlag. Der Importeur muss den Transport zum Hafen organisieren/ bezahlen, die sichere Aufbewahrung im Hafen, Ausfuhrpapiere besorgen/ bezahlen, den Containertransport/ Versicherung organisieren/ bezahlen, die Einfuhr in die EU organisieren/ Steuer bezahlen, seine Präsentationshallen und Mitarbeiter finanzieren. Schubs ist man bei 38.000 €.

Ich konnte eine weitere interessante Geschichte verfolgen. Unter Umgehung der Importeure wurde eine Pagode im Internet aufgetan. Schöne Bilder im Internet, der Preis war attraktiv, unnötige Importeurkosten gespart! Die üblichen Kosten (Hafen, Container, Ausfuhr, EU Zoll) sind unumgänglich. Als die Pagode dann vor der Tür stand, war der Kauf dann eher suboptimal. Rechtsstreitigkeiten mit zugesicherten Eigenschaften übern großen Teich sollte man sich ersparen. In Deutschland schon ein kaum erfolgversprechendes Vorhaben bei Oldtimern. Es ist eben nur etwas für Zocker, die nicht auf den letzten Euro schauen müssen, kann gut gehen, muss aber nicht, Risiko extrem........Wer so etwas wirklich vorhat, könnte einen schriftlichen Kaufvertrag machen, Zahlung vereinbaren, überraschend schnell hinüber fliegen und vor Ort ansehen. Die geschätzt 800,- Euro sind gut angelegt. Das Risiko 10.000 € in den Sand zu setzen steht dagegen. Man sollte bedenken, dass vermutlich alle Pagoden im USA Internet schon von Importeuren als Geschäft (Preis/ Zustand) abgelehnt wurden. Denn Importeure kaufen alles wenn der Preis stimmt, irgend einen Container haben die immer am Start,  auch Schrotthaufen z.B. nur für das Softtop o.ä.

Da gibt es die Luxus Händler:
Teilweise sehr schöne, aber auch sehr teuere Autos, mit der in Deutschland üblichen Gebrauchtwagen Garantie so um die 80.000/ 100.000 €. Alles recht risikolos , hat aber seinen Preis. Persönlich habe ich einen Händler gesehen, wie er eine 12.000 € Schrottpagode (Importeur USA) auf dem Anhänger abgeholt hat. Vermutlich die Basis für eine 85.000 € Pagode.

Dann noch die kleinen Händler:
Immer im Kundenauftrag, ohne Garantie, häufig zu teuer, zu schlecht restauriert, die Geschichten der Fahrzeuge sind kaum zu ertragen, garantiert ungeschweißt und kein Unfall seit 50 Jahren (hat man gehört), leider viele "Gurken". Hier ist die höchste Vorsicht geboten. Wer z.B. eine Pagode für sagen wir mal 30.000 € Zustand 4 kauft und die in Zustand 2 für 50.000 € restaurieren lässt, hat danach eine Pagode vor der Türe mit einem Verkaufswert von 60.000 €. Hervorragende Idee zum Geld verbrennen.

...und die privaten Angebote:
Vorsicht ist immer geboten, besonders bei Oldtimern. Aber z.B. seit 10 Jahren in der Hand des Verkäufers, Historie dokumentiert in Bildern und Rechnungen..... Private Angebote sind häufig unter Marktwert, ein Autohaus macht eben mehr her. "Spinner" kaufen gerne bei Luxus & Co, man ist ja wer oder würde es gerne sein. Die selbe Pagode kann an der Haustüre 20.000 € günstiger als bei Luxus & Co sein. Wohlgemerkt die selbe Pagode. Private Anbieter sind irgendwann von den "Reifentretern" so angenervt, dass sie an einen Händler abgeben, dann sieht man die Preissteigerung über Nacht im Internet.

Zum Schluss noch der 1000 mal gehörte gute Rat. Gehen Sie, wenn Sie keine Ahnung haben von einer Pagode, nie ohne "Fachmann" zur Kaufbesichtigung. Nur so können Sie verhindern, sich in das Abenteuer Oldtimer zu stürzen. Alle besichtigten Pagoden sind dann entweder zu teuer, zu schlecht, oder zumindest ein ungutes Gefühl rät von dem Kauf ab.

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